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Verlorenes Torjäger-Rennen mit Lewandowski, Zoff in der Kabine: So litt das heutige Geburtstagskind Mario Mandzukic unter Pep Guardiola

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Mario Mandzukic, der am heutigen Mittwoch 39 Jahre alt wird, muss unbedingt ein Buch mit allen Geschichte aus seiner Karriere schreiben. Denn praktisch über jeden Karriereabschnitt, sei es Italien, Spanien oder Deutschland, hat Mario so viel zu erzählen, dass das Buch definitiv zum Bestseller würde.

Wie bei fast allen Kroaten ging Marios Talent bei Dinamo Zagreb auf. Er verbrachte dort 3 Jahre und gewann 3 Meisterschaften. In seiner zweiten Saison stellte er einen persönlichen Rekord auf: 19 Tore und 15 Vorlagen. Aber danach lief es für den Stürmer nicht mehr so perfekt und er verstand, dass ein Wechsel vonnöten ist.

Die besten Karten hatte angeblich Shakhtar Donezk. Der Klub wollte den Spieler unbedingt verpflichten und es wurde sogar berichtet, dass bereits eine Einigung getroffen wurde. Aber Mario entschied sich plötzlich für Deutschland und ging zum VfL Wolfsburg. Diese Entscheidung hatte einen Hintergrund: Eben in Deutschland, bei der Jugend des TSF Ditzingen, begann Mandzukic mit dem Fußball. Seine Eltern flüchteten aufgrund des Kriegs in Kroatien nach Deutschland, konnten aber nicht eine Aufenthaltserlaubnis erhalten und mussten vier Jahre später in ihre Heimat zurückkehren, wo Mario sein Debüt für den kroatischen Verein Marsonia gab. Somit ging Mario nach Deutschland, um das zu Ende zu bringen, was er dort angefangen hat.

Trotz dieses Hintergrunds war der Schritt nicht eindeutig, da Mario zu einem Team wechselte, in dem er einfach keinen Platz auf seiner Position hatte. Es ist ein äußerst mutiger Schritt, einen Verein zu wählen, bei dem deine Position nicht einfach von Fußballern besetzt ist, sondern von zwei Top-Stürmern, die zu den besten Bundesliga-Torschützen in den vergangenen Spielzeiten gehörten: Edin Dzeko und Grafite.

Doch Mario hatte nie Angst und wechselte am 16. Juli 2010 für 7 Mio. Euro zu Wolfsburg. Erst im März 2011 gelang ihm gegen Nürnberg das erste Tor. In der Saison 2010/2011 kam er zwar oft zum Einsatz, war jedoch immer Einwechselspieler. Außerdem agierte Mario nicht auf seiner Position: Der damalige Cheftrainer der Mannschaft, Steve McLaren, setzte den Kroaten, der sein ganzes Leben als Stürmer gespielt hatte, als linken Mittelfeldspieler ein, weil er die Formation mit einem Stürmer bevorzugte -  Edin Dzeko.

Jedoch wechselte Dzeko im Januar 2011 zu Manchester City, weshalb Mario sich auf der Mittelstürmerposition durchsetzen konnte. Und was ist mit Grafite? Auch er verließ 2011 Wolfsburg und ging zu Al-Ahli. Es stellte sich also heraus, dass Mario ein äußerst intuitiver Spieler war, nachdem sein Wechsel zunächst beinahe hoffnungslos ausgesehen hatte.

In seiner zweiten Saison wurde er Stammspieler, erzielte 12 Treffer und wurde zum besten Torschützen des Klubs. Insgesamt bestritt er für den VfL 60 Spiele und erzielte 20 Tore. Bei der Euro 2012 schoss er für Kroatien 3 Tore in 3 Spielen, weshalb er auf den Radar viele Top-Klubs geriet.

Daher war sein Wechsel nicht etwas Überraschendes, doch war er äußerst schmerzhaft für Wolfsburg, da Mario zum Feind aller deutschen Vereine wechselte - dem FC Bayern München. Dies geschah am 27. Juni 2012. Mario kam für 13 Mio. Euro und schnappte sich die Nummer 9.

Auch bei Bayern musste Mandzukic den Konkurrenzkampf mit zwei Top-Stürmern aufnehmen - Mario Gomez und Claudio Pizarro. Aber es war ja nicht das erste Mal, dass der Kroate es allen beweisen musste. In den ersten 9 Bundesliga-Spielen knipste er 8 Tore, was alle Kritiker seines Transfers zum Schweigen brachte.

Darüber hinaus traf er im Playoff der Champions League gegen solche Teams wie Arsenal und Juventus. Im Finale erzielte er ein Tor gegen Borussia Dortmund und sicherte den Bayern den Champions-League-Titel.

Alles lief perfekt, wenn nicht ein Zwischenfall im Spiel gegen Nürnberg. Nach seinem Tor rannte Mandzukic zur Tribüne und machte eine Geste, die als "römischer Gruß" bezeichnet wird –  eine in Richtung Tribüne ausgestreckte Hand. Im Alten Rom begrüßten Kaiser und Kommandeure so die Leute. Die Medien brachten die Jubelpose stattdessen mit einer der kroatischen faschistischen Bewegungen in Verbindung, die diese Geste benutzte. Angesichts der Nationalität des Fußballers entschieden alle, dass dies kein Zufall sein kann.

Mandzukic wurde sofort die Propaganda des Neonazismus vorgeworfen und die serbischen Medien sahen in der Geste eine Reaktion auf den Freispruch zweier kroatischer Generäle durch das Haager Tribunal: Ante Gotovina und Mladen Markac. Sie wurden der ethnischen Säuberung der Serben während des Jugoslawienkrieges 1991-1995 beschuldigt. Darüber hinaus haben sie ihre ultrarechten politischen Ansichten und das Festhalten an der Ideologie der zuvor erwähnten kroatischen Nationalisten, die diese Geste verwendeten, nie geleugnet.

Die letztere Version schien für viele plausibel, da Mandzukic bei seinem Jubel von Mitspieler Xherdan Shaqiri, der im Kosovo geboren wurde, durch die gleiche Geste unterstützt wurde. Letztendlich musste Mario offiziell Stellung nehmen, dass es sich im ein Missverständnis handelt.

Zurück zum Positiven: Der erste Pokal, den Mario gewann, war der Deutsche Supercup 2012, den das Team gegen Borussia Dortmund holte. Mandzukic brachte die Bayern in Führung und das Spiel endete mit 2:1. Das nächste Final-Treffen gegen BVB endetet mit dem gleichen Ergebnis: Im Champions-League-Finale erzielte Mario erneut das erste Tor des Spiels, aber diesmal nicht in der 6., sondern in der 60. Minute.

Das CL-Viertelfinale gegen Manchester United im April 2014 war ein weiterer Höhepunkt in der Karriere von Mandzukic. In einem höchstdramatischen Spiel schaffte Bayern den Einzug ins Halbfinale.

Zunächst erzielte Manchester United das erste Tor durch Patrice Evra, der nach der Hereingabe von Antonio Valencia die Kugel in den Winkel hämmerte. Die Münchner reagierten jedoch schnell und es war eben Mandzukic, der mit seinem Treffer eine überragende Aufholjagd einleitete. In der 59. Minute erzielte er per Kopf den Ausgleich, was, wie praktisch alle Bayern-Beteiligte dieses Abends später zugaben, seine Mitspieler dazu inspirierte weiterzumachen. Es folgten zwei weitere Tore: Thomas Müller in der 68. Minute und Arjen Robben in der 76. Minute. Als Ergebnis: Ein 3:1-Sieg und der Einzug ins Champions-League-Halbfinale. 

Und knapp eine Woche später verhalf Mandzukic zusammen mit Pizarro beim 31. Spieltag der Bundesliga zum Sieg 2:0-Sieg über Eintracht Frankfurt. Claudio traf in der 75. Minute und Mario in der 86. Minute, nach einer Vorlage von Lucas Raeder. Es war das 14. Joker-Tor der Bayern in dieser Saison – das war neuer Vereins- und Bundesliga-Rekord. Außerdem war das Tor von Mandzukic in der Hinsicht historisch, dass Lucas Raeder als erster Torwart dieser Saison einen Assist verzeichnete.

Der Kroate selbst teilte zu dieser Zeit in der Liste der besten Bundesliga-Torschützen mit 18 Treffern den ersten Platz mit Robert Lewandowski (damals Borussia Dortmund). Letztendlich musste sich Mario geschlagen geben und Lewandowski wurde mit 20 Toren Torschützenkönig.

Aber schauen wir uns das Duell zwischen Mario und Robert näher an: Beide waren Führungsspieler, beide sehr stark - sowohl als Persönlichkeiten als auch in technischer Hinsicht. Es wäre also seltsam, wenn das Schicksal sie nicht einst zusammengeführt hätte. Und tatsächlich gab es zum Saisonende zahlreiche Gerüchte, dass die Bayern ein Traum-Duo im Sturm mit Lewandowski und Mandzukic planen. Aber wie es bei zwei Führungsspielern so oft ist der Fall ist, konnten sie nicht koexistieren.

Und das passiert umso früher, wenn ein Dritter dazukommt, der die Situation anspannt. Zu diesem Dritten wurde Pep Guardiola, der sich einfach für den neuen Spieler entschied. Wenn die Geschichte aber den Charakter "die Alten gehen, die Neuen kommen" hätte, gäbe es hier nichts zu erzählen. Dies war jedoch nicht der Fall. Natürlich wissen nur die Drei, was in Wirklichkeit passiert ist, aber auf Grundlage einzelner Handlungen und Aussagen können auch wir uns ein Bild davon machen.

Alles begann damit, dass Mario aus Disziplinsgründen aus dem Kader für das DFB-Pokalfinale 2014 gegen Dortmund gestrichen wurde. Pep soll den Spieler darüber vor der Partie mit folgenden Worten informiert haben: "Ich wünsche dir viel Glück beim neuen Verein ", obwohl im Gegenteil der Fußballer selbst und die Klubführung den Wunsch äußerten, Marios Vertrag zu verlängern. Und der Ehrenpräsident der Bayern, Franz Beckenbauer, sagte, dass er von dieser Entscheidung des Cheftrainers sehr überrascht sei: "Es muss etwas passiert sein, wovon wir nichts wissen. Guardiola ist dafür verantwortlich". Anheizend, nicht wahr?

Und es wurde noch heißer: Mario Mandzukic war bei der Double-Feier am Marienplatz nicht dabei. Mit Ausnahme von Thiago und Mandzukic waren alle Bayern-Profis auf dem Rathaus-Balkon anwesend. Das Fehlen von Alcantara wurde auf dessen kürzliche OP zurückgeführt. Aber über den Kroaten war nichts bekannt. Anscheinend war Peps Wut so groß, dass er beschloss, dem Stürmer nicht nur eine Reise mit dem Verein nach Berlin, sondern auch die Double-Feier zu verweigern.

Dann kam die nächste Nachricht: Den Konflikt löste angeblich das Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid aus, in dem die Bayern 0:4 verloren hatten und aus der Champions League ausschieden.

Nach dem Spiel betrat Guardiola die Umkleidekabine und hielt, wie viele der Anwesenden zugaben, eine rührende Rede, wobei er die Schuld für die Niederlage auf sich nahm. Die meisten Spieler waren von der Rede bewegt, bis auf einen. Die Reaktion von Mandzukic war anders - während Peps Rede grinste der Kroate und lächelte sarkastisch. Außerdem war Mario mehrmals den individuellen Anweisungen des Trainers nicht gefolgt. Darauf weist auch die Tatsache hin, dass trotz einer guten Leistung in der ersten Halbzeit Mario bereits in der 46. Minute für Javi Martinez ausgewechselt wurde. Anscheinend war Guardiola bereits so unzufrieden mit dem Spieler, dass er ihm nicht mal die Chance gab, sich im zweiten Durchgang zu beweisen, obwohl Bayern dringend einen Treffer brauchte.

Zu dieser Zeit veröffentlichte die offizielle Bundesliga-Seite die Top 11 der Bundesliga-Saison 2013/14, in der sowohl Mandzukic als auch Lewandowski dabei waren…

Während des Monats, in dem die Situation äußerst angespannt war, gab Mandzukic keinen Laut von sich. Aber Anfang Juni brach er sein Schweigen: "Ich habe mich mit dem Vorsitzenden des Vereins Karl-Heinz Rummenigge getroffen und ihm gesagt, dass ich Bayern verlassen möchte. Ich hatte eine fantastische Zeit mit diesem Team. Bayern ist ein großartiger Verein und ich hätte nie gedacht, dass ich den Wunsch haben werde, ihn zu verlassen. Seien wir doch ehrlich, mir entspricht der Spielstil nicht, den Guardiola bei den Bayern durchführen will. Wenn es denn so ist, dann fühle ich mich nicht wohl, und es ist das Beste, dass wir uns trennen".

Kein Wort über den Konflikt, und, wie Guardiola bei der Niederlage gegen Real Madrid, nahm Mandzukic alles auf sich und führte den Wechselwunsch auf die Taktik zurück, obwohl bisher alles bestens lief.

Unmittelbar nach dieser Aussage setzt Bayern den Preis für den Kroaten - 23,5 Mio. Euro. Ziemlich schnell kristallisierten sich die Hauptkonkurrenten heraus - AS Rom und Manchester United. Der letztere Klub war stark interessiert, es klappte jedoch nicht aus finanziellen Gründen. Mario wechselte jedoch zu einem anderen Verein, der in der Verhandlungsphase unerwartet auftauchte, aber alles bieten konnte, was der Spieler brauchte. Es war Atletico Madrid, der in Mandzukic einen Ersatz für Diego Costa sah, welcher zu Chelsea gewechselt war.

Der Sportdirektor des FC Bayern, Matthias Sammer, der den Transfer durchgeführt hatte, sprach wie folgt über Mario: "Mandzukic hat sich immer sehr korrekt verhalten und war ein Vorbild. Ich habe nur positive Eindrücke von ihm". Der 28-Jährige hat insgesamt in 54 Bundesligaspielen 33 Tore erzielt.

"Ich möchte meinen Teamkollegen und Bayern danken. Vielen Dank für das Vertrauen und die Unterstützung, die sie mir entgegengebracht haben, insbesondere den Fans, denn ohne sie wären alle Erfolge nicht Wiklichkeit geworden. Ich möchte sagen, dass ich das Trikot des FC Bayern immer mit großem Stolz getragen habe. Aus tiefstem Herzen danke ich meinem ehemaligen Trainer Jupp Heynckes, mit dem ich die Ehre hatte, die größten Erfolge des Klubs zu feiern. Es ist schwer und schmerzhaft, sich zu verabschieden, aber all die wunderbaren Erinnerungen werden für immer mit uns bleiben. Ich wünsche allen Mitarbeitern und dem Trainerteam des FC Bayern alles Gute und weiterhin viel Erfolg in Leben und Arbeit. Danke noch einmal!", schrieb Mandzukic zum Abschied.

Aber damit war die Geschichte noch nicht beendet. Wie sich später herausstellte, gab es einen weiteren Grund für Mandzukics Abgang. Der Stürmer war äußerst verärgert, dass Lewandowski bald dem Team beitreten sollte. Pep bewunderte den Polen sehr, weshalb Mandzukic seine schlechte Laune nicht nur den Spielern, sondern eben Guardiola zeigte. Und eines Tages soll er Pep gesagt haben, er sei "ein ungeeigneter Trainer für Bayern", woraufhin dieser empört war und beschloss, dies nicht einfach so zu belassen. Daher tauchten Gerüchte auf, dass Mandzukic nicht zu Trainings kommt, und wenn er dies tut, bevorzugt er es, nichts zu machen. Deshalb wurden vom Verein Disziplinarmaßnahmen ergriffen, wie die, dass der Spieler für das Finale des DFB-Pokals aussortiert wurde.

Den Punkt in dieser Geschichte setzte ein Interview von Mandzukic, das er einige Monate später gab:

"Guardiola hat mich enttäuscht. Er hat mich respektlos behandelt. Es war Guardiolas Entscheidung, mich für das Finale im DFB-Pokal nicht in den Kader zu berufen. Wenn man die Fakten betrachtet, wollte er außerdem nicht, dass ich Torschützenkönig werde. Deswegen ließ er mich am Ende der Bundesligasaison nicht spielen. Ich hätte es ihm hoch angerechnet, wenn er zu mir gekommen wäre und gesagt hätte: Hör zu, Mario, du passt nicht in meine Vision des Spiels, ich brauche einen anderen Stürmer. Als Heynckes der Trainer war, war alles viel besser, und das ist nicht nur meine Meinung. Ich habe das Beste für die Mannschaft und für Bayern gegeben. Ich hatte es nicht verdient, so behandelt zu werden. Alles änderte sich, als er in den Verein kam. Ich habe mich sehr bemüht, mich an seinen Stil anzupassen, aber damit etwas klappt, ist der Wunsch beider Seiten nötig. Mir wurde klar, dass ich bei Bayern keine Zukunft habe, und ich musste mich damit abfinden."

Interessanterweise kam Mandzukic tatsächlich am vorletzten Spieltag gegen den HSV nicht zum Einsatz, als er gleich viele BL-Tore mit Lewandowski hatte. Unter anderem diese Tatsache erlaubte es dem Polen, die Torschützenkanone zu gewinnen. Hat Guardiola dies absichtlich gemacht, damit Lewandowski (von dem er so schwärmte) bester Torschütze wird? Und wie hätte Bayern gespielt, wenn Mandzukic damals geblieben wäre? Eine Antwort auf diese Fragen werden wir wohl nie bekommen...